Aquavit – Lebenswasser aus Skandinavien

Skål und willkommen bei einem kurzen Abstecher von Schnaps.de in den hohen Norden! Es ist an der Zeit, sich mit einer Spirituose zu beschäftigen, die bei den Genießertrends aktuell nicht unbedingt im Rampenlicht steht. Der Aquavit wird gerne in die Schublade Herrengedeck in der Kiezkneipe eingeordnet wird. Doch ist er viel mehr als nur Begleiter zum kühlen Bier.

Was ist Aquavit?

Aquavit, oder Akvavit, ist eine auf Kümmel basierende Spirituose aus Skandinavien. In Schweden, Norwegen oder Dänemark darf sie zu keinem Essen fehlen. Von dort kommen die bedeutendsten Marken. Deshalb findet bei uns der Aquavit vor allem in Norddeutschland weite Verbreitung. Die regionalen Kümmelbranntweine werden im plattdeutschen als Körn für Korn oder auch als Köm bezeichnet. Weitere Varianten des Aquavit sind der lettische Allasch und der isländische Brennivín.

Der Name leitet sich vom lateinischen aqua vitae, „Wasser des Lebens“, ab. Bereits im Mittelalter schrieb man ihm medizinische Heilkräfte zu. Aufgrund seiner verdauungsfördernden Wirkung gilt Kümmel gut für den Magen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass er heutzutage in der Regel als Digestif, also nach dem Essen, konsumiert wird.

Herstellung

Destillation
Aquavit wird aus sehr reinem, hochrektifiziertem Alkohol (96%) hergestellt. Grundlage dafür sind Getreide oder Kartoffeln. Der Vor- und Nachlauf bei der Destillation wird wegen der enthaltenen Verunreinigungen abgeschieden.

Dem Destillat setzt der Brennmeister Kümmel zu. Ähnlich wie beim Gin folgt in vielen Fällen eine individuell zusammengestellte Gewürzmischung. Dazu gehören z. B. Fenchel, Dillsamen, Nelken, Koriander oder Zimt. Die Gesamtmischung macht letztendlich den geschmacklichen Charakter der Marke aus. Das gewürzte Destillat wird mit demineralisiertem oder destilliertem Wasser auf Trinkstärke zurückgesetzt. Aquavit besitzt einen Mindestalkoholgehalt von 37,5 % Vol..

Lagerung
Damit die Inhalsstoffe Bindungen eingehen, folgt im Anschluß an die Destillation eine Lagerungsphase. Dadurch wird der Aquavit geschmacklich abgerundet. Die hochklassigen Kümmelschnäpse reifen nicht selten in Holzfässern heran. Ähnlich wie beim Whisky finden hierzu gerne gebrauchte Sherryfässer Verwendung.

Wie schmeckt er und wie trinke ich ihn?

Kümmel gehört zu den ältesten bekannten Gewürzen. Er ist reich an ätherischen Ölen und verleiht Spirituosen einen würzig-warmen Geschmack. Zudem besitzt er eine leicht bittere Note. Auch wenn sich die einzelnen Marken geschmacklich durchaus voneinander abheben, ist der Kümmelgeschmack stets vorherrschend. Das Schnapsglas ist in der Regel vorgekühlt, wie auch sein Inhalt.

Die bekanntesten Marken

Linie Aquavit
Die wohl größte Besonderheit bezüglich der Lagerung hat der Linie Aquavit aus Norwegen vorzuweisen. Die Fässer werden auf einer viermonatigen Seereise ordentlich durchgeschüttelt. Dabei geht es über eine Strecke von rund 20.000 Seemeilen einmal um die Welt und über den Äquator. Auf der Homepage des Herstellers lässt sich der Weg jeder Flasche individuell nachverfolgen.

Wie kam es dazu? Zur Entwicklung eines einzigartigen Geschmacks eilte wie so oft der Zufall zur Hilfe. 1850 musste ein Schiff mit einer Ladung Linie Aquavit kurz nach seiner Ankunft wieder umkehren. Der Empfänger war verstorben. Zudem lagerte der Aquavit irrtümlicherweise in Sherryfässern. Die Kombination aus der Fassart und der langen Reise bescherte der Spirituose einen besonders weichen, aber dennoch kräftigen Geschmack mit einem langen, wärmenden Abgang.

Aalborg Aquavit
1946 kreierte das Haus Aalborg anlässlich des 100. Geburtstags des Aalborg Tafel Akvavits den Aalborg Jubiläums-Aquavit. Das liebevoll „Jubi“ genannte Getränk besticht noch heute mit seinem weichen, frischen Geschmack und wird besonders hierzulande sehr geschätzt.

Malteserkreuz Aquavit
Das Stammhaus des Aalborg Aquavits zeichnet sich auch für den Ursprung des Malteserkreuz Aquavits verantwortlich. In den 20er-Jahren machten es Zollbelastungen fast unmöglich, das dänische Produkt nach Deutschland zu importieren. Daher entschloss sich Aalborg, eine Variante für den deutschen Markt in Deutschland zu produzieren.

Der erste deutsche Aquavit nach dänischem Rezept verließ die Fabrik in Berlin am 18. Februar 1924. Von 1972 bis 2011 verlagerte der Konzern die Produktion nach Buxtehude, anschließend nach Dänemark zum Stammhaus in Aalborg. Seit 2015 wird in Norwegen produziert.

Er ist einerseits bekannt als exzellenter, kümmelbetonter Speisebegleiter sowie für die TV-Werbespots, in denen Film- und Fernsehgrößen wie Manfred Krug, Iris Berben oder Christoph M. Ohrt zu Wort kamen – „Man gönnt sich ja sonst nichts!“.

Ausblick

Es erscheint nicht unmöglich, dass der Aquavit eine ähnliche Renaissance erlebt wie andere Spirituosen. Verdient hätte er es, denn er ist weit mehr als nur ein Kurzer, der im Magen nach einem deftigen Gericht Ordnung schafft. Was oft verkannt wird, ist seine hervorragende Eignung zum Mixen charaktervoller Cocktails. Dazu gehören beispielsweise der „Alte Schwede“ oder der „Midnight Sun“.

Möglicherweise liegt der Aquavit in den nächsten Jahren im Trend wie Gin oder Whisky.