Calvados – Pomme-bastischer Genuss aus Frankreich!

Bonjour Mesdames et Messieurs, heute gestatten wir uns ein Rendezvous mit einer Spezialität aus dem Norden Frankreichs – dem Calvados. Das Gold der Normandie überzeugt sowohl als junger wie auch als alter Brand und erfreut sich hierzulande immer größerer Beliebtheit. Doch wie wird der Calvados eigentlich genau hergestellt und wie entwickelte sich die Brenntradition in seiner Heimat? Alors, gehen wir der Sache auf den Grund.

Was ist genau ein Calvados?

Beim Calvados handelt es sich um einen bernsteinfarbenen Apfelbranntwein aus der Normandie. Sein Name, abgeleitet vom Département Calvados, ist eine geschützte Herkunftsbezeichnung. Daher dürfen sich auch nur die von dort stammenden Cidre- bzw. Poirébrände (Brände aus Birnenmost) so nennen. In der Normandie gibt es elf exakt festgelegte Anbaugebiete. Der Alkoholgehalt eines Calvados liegt zwischen 40 und 45 Vol.-%.

Die drei Sorten Calvados sind der „Calvados“, der „Calvados Pays d’Auge“ und der „Calvados Domfrontais“. Dementsprechend gibt es auch drei verschiedene Schutzsiegel. Je nach Alter werden die Brände unterteilt in VO oder vieille réserve (vier Jahre), VSOP (mehr als fünf Jahre alt) sowie Napoléon oder X.O. (Extra Old, mehr als sechs Jahre alt).

In Frankreich gibt es noch weitere Apfelbrände, die sich jedoch nicht Calvados nennen dürfen. Dazu gehören der „Eau-de-vie de Pomme“ sowie der „Applejack“ (auch „Apple Brandy“ genannt). Der Lambig ist sein bretonisches Pendant. Er wird auch „eau-de-vie de cidre de Bretagne“ genannt. Die Herstellungsmethoden und Zutaten sind identisch. Ihm fehlt lediglich die geschützte Herkunftsbezeichnung.

Die Geschichte des Calvados

Bereits zur Römerzeit wurden in der Normandie Birnen und Äpfel nicht nur verspeist, sondern auch zu Alkohol vergoren. Ab dem 13. Jahrhundert erleichterten Obstpressen die Herstellung. Das Ergebnis war hauptsächlich Cidre, doch blieb am Jahresende einiges davon übrig. Was tun damit? Man machte aus der Not eine Tugend und destillierten diese Reste – der Calvados war geboren!

Der älteste schriftliche Beleg für die Brennkunst in der Normandie ist die königliche Konzession für Sire Gilles de Gouberville aus dem Jahre 1553. Diese gestattete ihm die Herstellung eines „Eau de Vie de Sydre“, der jedoch erst viel später die Bezeichnung Calvados erhalten sollte.

Der Weg zum geschützten Produkt – von der französischen Revolution bis zum Ende des zweiten Weltkriegs

Während der der Französischen Revolution steigerte sich die Produktionsmenge erheblich. Jeder Bauer, der eigenes Brennobst anbaute, erhielt das Recht zur Schnapsherstellung. Dafür musste er keine Abgaben leisten. Mit einem Mal schossen überall in der Normandie Apfelbäume aus dem Boden. Die Brennmeister griffen bei der Herstellung auch auf das Wissen der „Konkurrenz“ zurück. So nutzten sie die Kenntnisse der Cognac-Hersteller, um ihre Brände zu verfeinern.

Bis zum zweiten Weltkrieg blieb Calvados jedoch der Schnaps der Bauernschicht. Zwar war er regional beliebt, es fanden jedoch keine nennenswerten Exporte statt. Die deutsche Besatzung brachte die Einrichtung eines Büros zur Verwaltung derjenigen Spirituosenerzeugnisse mit sich, die genauen geographischen Herkunftsbezeichnungen unterlagen. Dazu gehörten der Cognac und der Armagnac. Sämtliche anderen Spirituosenbestände und die der laufenden Produktion wurden aus kriegswirtschaftlichen Gründen beschlagnahmt.

Für den Calvados erwies es sich als Glücksfall, dass der damalige französische Landwirtschaftsminister Jacques Le Roy Ladurie aus der Normandie stammte. Er setzte sich für eine Behandlung des Apfelbrands entsprechend der des Cognacs ein. So wurde 1942 das „Bureau National Interprofessionel des Calvados et Eau-de-Vie-de-Cidre“ (BNICE) gegründet. Ab sofort waren die Herkunftsgrenzen festgelegt und die Voraussetzungen zur Verbesserung der Qualität und Vermarktung geschaffen.

Rückschläge und Einführung des legalen Vetriebs

Doch zunächst musste der Calvados in seiner Entwicklung einige Rückschläge hinnehmen. Die alliierte Invasion hinterließ massive Schäden am Apfelbaumbestand. Zudem führten Gesetzesänderungen zum Beschneiden der Brennrechte. Plötzlich waren diese nicht mehr auf den Hoferben vererbbar. Lediglich die industriellen Brennereien waren in der Lage, die Produktion auszuweiten.

Noch bis in die 1960er-Jahre entstand ein großer Teil des Calvados der Region Domfrontais „schwarz“. Louis de Lauriston, selbst Inhaber eine Kellerei mit dem Namen „Les Chais du Verger Normand“, forcierte den legalen Vertrieb des Calvados über sein Unternehmen. Endlich konnten die von den lähmenden Konflikten befreiten Kellermeister sich auf die Erzeugung ihrer Produkte fokussieren.

Im Oktober 1987 gab es einen weiteren Tiefschlag. Ein Sturm vernichtete rund 25 Prozent der Baumbestände und zerstörte damit mehr Bäume in der Region als der gesamte Zweite Weltkrieg. Jedoch konnte das nicht verhindern, das Calvados zum Exportartikel gedieh. Bis zum Ende der 1980er Jahre wurde Deutschland zum Hauptabnehmer, gefolgt von Belgien, Japan und der Schweiz.

Herstellung des Calvados

Ernte und Auswahl der Äpfel

Zur Herstellung von Calvados sind 48 verschiedene Apfelsorten zugelassen. In der Region Domfrontais ist zusätzlich vorgeschrieben, dass mindestens 30% Birnen Verwendung finden müssen. Die Herstellungsgebiete sowie der gesamte Produktionsprozess werden durch das „Institut National des Appellations d’Origine (INAO)“ verbindlich festgelegt. Nach dessen Statuten müssen Apfelernte und Destillation zwingend im jeweiligen Herkunftsgebiet durchgeführt werden.

Die Ernte erfolgt zwischen Dezember und November. Dabei ist maschinelles Schütteln der Bäume strengstens verboten. Vor der Ernte wird bis zu drei Mal kontrolliert, ob der optimale Reifegrad erreicht ist. Die verwendeten Äpfel decken ein breites Spektrum an Aromen ab. Unter ihnen finden sich sowohl bittere, süße, bitter-süße wie auch säuerlich schmeckende Vertreter. Die Faustregel lautet, dass in einen Calvados 40 % süße Äpfel, 40 % bittere Äpfel und 20 % saure Äpfel einfließen.

Dabei sind es gerade nicht die von uns verzehrten großen Früchte, die zur Entstehung des Calvados kombiniert werden. Gerade die kleinen Äpfel, die nicht so schmackhaft sind und einen eher säuerlichen, pelzigen Eindruck auf der Zunge hinterlassen, eignen sich hervorragend zur Herstellung von Calvados. Damit man bei der späteren Kombination der Aromen nicht durcheinander kommt, findet die Lagerung nach Sorten getrennt statt.

Destillation

Zunächst wird frischer Apfelmost zu Cidre vergoren. Dieser besitzt einen Alkoholgehalt von etwa 5 Vol.-%. Anders als der zum Trinken gedachte Cidre reift dieser zwei Jahre länger im Fass. Danach folgt ein zweistufiger Destillationsprozess in Kupferbrennblasen, den „Alambics“. Der „petite eau“ (kleines Wässerchen) genannte Rohbrand hat einen Alkoholgehalt von etwa 25 Vol.-%. Dieser wird nach einer Lagerungsphase ein zweites Mal destilliert. Dadurch entsteht ein Feinbrand mit einem Alkoholgehalt von ca. 70 Vol.-%.

Anschließend lagert der Calvados in Fässern aus Kastanie oder Eiche. Manche von ihnen beherbergten zuvor Cognac oder Süßwein. Die Reifezeit liegt zwischen zwei und sechs Jahren. In einigen Fällen kommt das Solera-Verfahren zur Anwendung, bei dem Fassinhalte unterschiedlicher Reife miteinander vermählt werden.

Ist die Lagerungszeit vorüber, folgt der für die Geschmackskomposition entscheidende Schritt. Dieser bleibt allein dem Kellermeister vorbehalten. Bei der Assemblage komponiert er Calvados verschiedener Altersstufen, Strukturen und Geschmackscharakteristika miteinander. Ziel ist ein ausbalancierter, harmonischer Trinkgenuß. Die traditionellen Rezepte sind Geheimsache. Erst wenn der Kellermeister zufrieden ist, wird der Calvados auf Trinkstärke verdünnt und in Flaschen abgefüllt.

Der Calvados im Profil – wie sieht er aus und wie schmeckt er?

Calvados kommt im Glas in der Regel bernsteinfarben daher. Manch einer erinnert mit seinem Braunton auch an einen Cognac. Sein Geschmacksbild vereint sowohl bittere als auch süßliche Noten. Ob das Gefühl im Mund von weicher, warmer Natur ist oder eher lebhaft, hängt maßgeblich vom Alter ab.

Im Gegensatz zum Whisky, bei dem die Experten häufig nur die gealterten Exemplare schätzen, kann der Calvados bereits als junger Hüpfer überzeugen. Der junge Apfelbrand besticht durch fruchtbetonte Frische. Erst durch die Lagerung entsteht eine samtartige Struktur, die an Cognac erinnert.

Eine Probe, s’il vous plaît – Trinken wie der Kenner in Frankreich

Um den vollen Genuss zu erleben, gilt es ein paar Dinge zu beachten. Vor allem mit richtigem Glas und dessen korrekter Handhabe sollte man sich zuvor beschäftigen. Aufgrund des hohen Alkoholgehalts gestaltet sich das Erschmecken der Aromen schwieriger als beispielsweise beim Wein.

Als Gläser eignen sich entweder spezielle Calvados-Gläser oder Nosing-Gläser, mit denen man z. B. auch Whisky verkostet. Ihn aus einem Cognac-Glas zu trinken gilt als großer Faux-Pas. Darin verflüchtigen sich die Aromen aufgrund der breiten Form zu schnell. Auch von den traditionellen Steingut- oder Tonbechern ist abzuraten. Ähnliche verwendeten die Normannen im Mittelalter. Sie erinnerten durch ihre Form (3/4 einer Kugel) an die Schädelkalotten der Feinde. Ein netter Gag, aber für den Genießer sind sie gänzlich ungeeignet.

Die optimale Trinktemperatur für Calvados liegt zwischen 16 und 18 Grad. Diese Temperatur knapp unter der Raumtemperatur sorgt für die bestmögliche Entfaltung der Aromen. Im Sommer lohnt es sich im Rahmen eines Experiment Calvados auch mal „on the rocks“ zu genießen.

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Calvados in seiner Gänze zu erfahren, ist ein tolles Erlebnis. Vielleich habt Ihr ja auch Lust, mal das „normannische Loch“ („faire le trou normand“) zu machen. Dabei handelt es sich um die Praxis, zwischen den Gängen eines Menüs ein Gläschen Calvados einzuschieben. Oder seid Ihr bereits Kenner und möchtet die Auswahl in Eurem Keller ergänzen?