Ein Blend ist nicht so toll wie ein Single Malt. Zudem ist nur das Alter entscheidend. Das bekommt man oft von Menschen zu hören, die gerne Whisky trinken. Mich beschäftigte seit geraumer Zeit die Frage, ob das wirklich den Tatsachen entspricht. Der Tasting-Eindruck ist selbstverständlich immer subjektiv. Dennoch lohnt es sich, einen genaueren Blick auf die Definitionen der Begriffe Single Malt und Blend zu werfen.
Bisher ging ich davon aus, dass ein Single Malt aus einem Jahrgang und einem Fass stammt, ein Blend hingegen aus verschiedenen Whiskysorten unterschiedlichster Jahrgänge und Herkunft besteht. Das ist schlichtweg halbfalsch. Eine kurze Netzrecherche führte für mich überraschende Tatsachen ans Tageslicht.
Wir sind heute zusammen gekommen…
Jeder Single Malt Scotch Whisky ist eine Mischung aus individuellen Whiskys. Kein Fassinhalt gleicht dem anderen. Beim Vatting (man könnte es auch Blending nennen, aber ich will nicht, dass jemand zum Taschentuch greifen muss…) kommen verschiedene Fassinhalte in riesigen Stahltanks zusammen.
Die Trauzeremonie leitet der Master Distiller. Aus seiner Rezeptbibel ermittelt er weise die richtige Zusammenstellung und gibt der Mischung den Segen für ein harmonisches, den Charakter des Produkts bewahrendes Leben im Supermarkt-Regal. Das macht ihn oder sie zu einer unverzichtbaren (und vermutlich auch gutbezahlten) Konstante einer jeden Destillerie.
Was ist ein Single Malt Scotch Whisky?
Ein Malt Whisky wird ausschließlich aus gemälzter Gerste hergestellt. Kennzeichnend für die Herstellung ist der handwerkliche Charakter bei den vorbereitenden Arbeiten und eine Brennblase, die lediglich kleine Chargen erlaubt. Durch den artisanale Methodik und die Reifezeit im Fass entwickelt er seine unverwechselbaren Nuancen. Jede von Ihnen findet Berücksichtigung bei der finalen Zusammenstellung durch den Master Distiller.
Was ist denn nun ein Blend?
Die verschnittenen Schotten kann man in drei Gruppen einteilen, die Blended Scotchs, die Blended Malts und die Blended Grains.
Blended Scotch
Ein Blended Scotch entsteht durch die Zusammenführung von Single Malt Scotch Whisky und Grain Whisky. Bei den „grains“, also den Körnern, kann es sich auch um Roggen, Weizen, oder Mais handeln. Der Produktionsprozess weist industriellen Charakter auf. Typisch sind die continuus column stills, fabrikähnlichen Brennblasen, in denen keine Batches, sondern fortwährend gebrannt wird.
Blended Malt
Die Vertreter der Gruppe Blended Malts (auch Pure Malts genannt) haben die Besonderheit, dass sie sich ausschließlich aus unterschiedlichen Single Malts zusammensetzen.
Single Barrel
Der einzig wirklich ewige Junggeselle ist der Scotch aus dem Single Barrel. Hierbeit handelt es sich um einen individuell reifenden Whisky aus einem einzelnen Fass. Vor allem in Amerika ist dieses Verfahren gebräuchlich. Doch auch schottische Whiskys gibt es als Abfüllung direkt aus einem Fass. Die Villa Konthor bietet solche limitierten Abfüllungen an. Einen Ausschnitt aus der Palette der Limburger Whiskybar findet Ihr auch bei uns im Online-Shop.
Alter, was soll das?
Die Gelegenheit bietet sich an, mit einem weiteren Missverständnis aufzuräumen. Die Altersangabe auf dem Etikett sagt nur bedingt etwas darüber aus, wie alt die Flüssigkeit darin wirklich ist, bzw. wie lang der Whisky Zeit hatte, zu reifen. Ist eine Zahl vorhanden, so gibt sie lediglich das Alter des jüngsten Whiskies an, der beim Vatting Verwendung fand. Es können also deutlich ältere Partner in die erste gemeinsam Wohnung im Stahltank eingezogen sein.
Die Wertschätzung der Zahl auf dem Etikett entstammt einer Zeit, da der Konsum von Whisky rückläufig war. Eine Altersangabe rechtfertigte für viele Käufer den hohen Preis, der sich für die Produzenten aus den Kosten, insbesondere für die Lagerung, ergab. Aktuell wendet sich das Blatt. In vielen Fällen verzichten Destillerien auf eine Altersangabe, wie z.B. bei den Ardbegs Uigeadail und Corryvreckan oder dem Taliker Port Ruighe.
Gehet hin in Frieden – und schaut vielleicht mal in unserem Shop vorbei!
Jeder Whisky ist einzigartig, ob Single Malt oder Blend. Besondere Merkmale enstehen allein durch den Herstellungsprozess. Die Verfahren zum Mälzen, die Brennanlagen mit ihren Eigenheiten, sowie die handwerklichen Künste des Master Distillers gibt es nirgendwo ein zweites Mal.
Natürliche Gegebenheiten des Standorts, wie z. B. Wetter und Wellengang oder das Material z.B. tragen ebenfalls einen maßgeblichen Teil zur Individualität bei. Temperatur, Beschaffenheit des Holzes und logistische Faktoren, wie die Verfügbarkeit bestimmter Fässer, nehmen Einfluss.
Fazit: Auch teurer Single Malt Scotch Whisky bleibt ein Industrieprodukt. Das bedeutet nicht, dass wir, trotz der schlechteren Hälfte der Wahrheit, kein Kunstwerk genießen.