Wermut – alles andere als ein Wermutstropfen

Der erste Gedanke, wenn es um unseren trendige Spirituosen geht gilt nicht unbedingt dem Wermut. Er fristet ein Nischendasein und manch einer hat womöglich noch nie von ihm gehört. Dabei besetzt der Wermut einen festen Platz unter den Klassikern der Historie der alkoholhaltigen Getränke.

Tatsache ist: Ohne den aromatisierten Starkwein müsste die Geschichte der Cocktails wohl neu geschrieben werden. Wermut ist ein essentieller Bestandteil solcher Klassiker wie Manhattan oder Negroni. Auch James Bond säße auf dem Trockenen – für einen Martini ist Wermut ebenfalls unverzichtbar.

Aktuell bahnt sich eine Renaissance des Wermuts an. Deshalb werfen wie einen Blick auf die Geschichte, Herstellung und Zukunft dieses Getränks.

Kurz und knapp – was ist ein Wermut?

Der Wermut, oder auch Wermutwein oder Vermouth, ist ein aufgespriteter und mit Kräutern und Gewürzen aromatisierter Wein. Aufgespritet bedeutet, dass der Gärprozess durch Anreicherung mit Alkohol unterbrochen wird. Daher nennt man solche Getränke auch Likörwein oder verstärkter Wein.

Seinen Namen verdankt er dem Wermutkraut (Artemisia absinthium). Dessen Bitterstoffe prägen den Geschmack des Wermuts maßgeblich. Neben seiner Eignung als Bestandteil eines Cocktails ist Wermut ein gern getrunkener Aperitif und wird zum verfeinern von Gerichten verwendet.

Die Geschichte des Wermuts

Bereits die alten Griechen würzten ihren Wein. Oft hatte dies medizinische Absichten. Vor allem bei Magenbeschwerden sagte man der Mischung heilende Kräfte nach. Im 11. Jahrhundert besaß angeblich auch die Mystikerin und Heilkundlerin Hildegard von Bingen ein Rezept für Wermutwein. Der Wermutsaft sollte laut diesem in eine aufgekochte Mischung aus Wein und Honig gegeben werden und nach Verzehr das Wohlbefinden und die Verdauung fördern.

Die Geschichte des Wermuts, wie wir ihn heute kennen, beginnt im 18. Jahrhundert in Italien. Als sein Erfinder gilt der Destillateur Antonio Benedetto Carpano. Neben dieser Erfindung schenkte er auch einem beliebten Aperitif seinen Namen. Carpano war bereits in seiner Jugend naturwissenschaftlich interessiert und experimentierte mit Aromen und Empfindungen in Mischungen chemischer Lösungen. Er ging nach Turin und arbeite dort in einem Spirituosenladen von Signore Merendazzo, der gegenüber Königspalasts lag.

Das ursprüngliche Rezept

1786 gilt als das Geburtsjahr des Wermuts. Seit Anfang der 1780er-Jahre befasste sich Carpano bereits mit den schon bekannten Weinlikören. Auf Basis des Weißweins Moscato di Canelli machte er sich an die Aufgabe, für die Damenwelt einen Ersatz für den lokalen Rotwein zu entwickeln. Er süßte Weißwein mit Zucker und reicherte ihn mit Alkohol an.

Dazu gab er eine Kräutermischung bestehend aus mehr als 30 Kräutern. Deren Hauptbestandteile waren Wermutkraut und Zimt. Im Rahmen der Abstimmung griff Carpano auf das Wissen der Mönche seiner Heimat zurück. Die Kräuter dienten dem Zweck, unangenehme Aromen billiger Weine zu übertünchen. Den Namen für seine Schöpfung entlehnte er aus dem Deutschen von einem roten, süßen Weinlikör.

Vermarktung und Verbreitung

Nach Beginn der Vermarktung des Wermuts durch Merendazzo und Carpano wurde er schnell so beliebt, dass sich die Öffnungszeit des Geschäfts auf 24 Stunden steigerte. Die Begeisterung für das bitter-süße Getränk beim Turiner Adel bewog die beiden dazu, die Produktionsmenge zu erhöhen und den Wermut zu exportieren. Der König von Sardinien-Piemont, Vittorio Amedeo III., fand es so gut, dass er den Wermut zu seinem Hofgetränk machte.

Heute ist „„Vermouth di Torino“, wie Cognac oder Champagner, eine geschützte Herkunftsbezeichnung. Nur in der Region Turin auf traditionelle Weise hergestellte Wermuts dürfen dieses Siegel tragen.

Auch andere Länder waren auf einmal Feuer und Flamme für den Wermut. Die Produktion verließ die Gebiete entlang der Alpen jedoch nicht. Denn nur hier ließen sich die benötigten Kräuter in ausreichender Menge finden. Ab 1813 beginnt die Geschichte des Wermuts französischer Art. Besonders das Haus Noilly Prat trieb dort die Entwicklung voran. Während der italienische Wermut meist lieblicher Natur ist, präsentiert sich der französische eher trocken. Nicht mehr wegzudenken aus der Cocktailbar ist der Wermut spätestens seit der Hochphase der Cocktail-Ära in den 1920er-Jahren.

Die Herstellung des Wermut

Kurz zusammengefasst ist Wermut eine Mischung aus der Zusammenführung von vier Bestandteilen: Weißwein, Kräuter, Zucker und Alkohol.

Wein

Grundlage sind Weißweine, in Italien meist solche der Trebbiano-Traube, in Frankreich die der Sorten Picpoul und Clairette du Languedoc. Lediglich bei einem Rosé-Wermut ist es gestattet, Rotwein zu verwenden. Hingegen wird Wermut Rosso mit Karamell eingefärbt, was ihm einen ganz typischen Geschmack verleiht.

Kräuteraromen

Bei den Aromenauszügen von Kräutern liegt selbstverständlich Wermutkraut ganz vorne. Dazu kommen, je nach Rezept, z. B. Ampfer, Chinarinde, Engelwurz, Enzian, Gewürznelken, Lavendel, Kardamon, Sandelholz, Sternanis und Zimt.

Zucker

Der Zucker dient dazu, die Bitterstoffe abzumildern. Manchmal wird er in Form von Traubenmost beigegeben.

Alkohol

Durch die Stärke des Alkohols erhält der Wermut eine Restsüße. Wermut hat einen vorgeschriebenen Alkoholgehalt zwischen 14,5 und 21,9 Volumenprozent.

Der Wermut heute

Spätestens seitdem das Haus Carpano seine Antica Formula nach dem Originalrezept von 1786 wieder herstellt, rückt der Wermut wieder mehr ins Bewusstsein der Spirituosenwelt. Alte Marken wie Dolin und Noilly Prat aus Frankreich oder Gancia aus Italien machen wieder auf sich aufmerksam.

Aber auch neue Hersteller nutzen den Aufwind. Darunter sind auch einige deutsche Vertreter. Zum Beispiel der sehr erfolgreiche Belsazar oder der Wermut von den Machern des Saar Dry Gins.

Vielleicht habt Ihr Lust bekommen, den Klassiker einmal selbst zu probieren? In unserem Online-Shop findet ihr den Antica Formula Vermouth, kreiert auf Grundlage des Rezepts von Antonio Carpano, sowie weitere erstklassige Wermuts.

Ein kleiner Tipp zum Schluss: Da Wermut ein Wein ist, sollte man sachte mit ihm umgehen. Angebrochene Flaschen trinkt ihr am besten zeitnah leer, sonst sagen die Aromen arrivederci! Wer kalt lagert oder in kleine Flaschen dekantiert, ist eindeutig im Vorteil. Also dann: Cin Cin oder á votre santé, ganz nach Belieben!