Kimono statt Kilt – Whisky aus dem Land der aufgehenden Sonne

Die Japaner sind für viele Dinge berühmt, wie z.B. italienische Klempner in roten Latzhosen über Pilze hüpfen zu lassen, Kampfkunst oder Sushi, aber Japanischer Whisky?

Bis ich vor einigen Jahren in einem Laden eine Flasche Nikka zwischen den älteren schottischen Herren stehen sah, habe ich es auch nicht geglaubt. Grund genug, diese Lücke durch einen kurzen Exkurs in die Historie der japanischen Whisky-Destillationskunst zu füllen.

Japanischer Whisky – die Geschichte

Für die ersten Gehversuche auf dem neuen Terrain zeichneten sich Sake-Brenner ca. ab dem Jahr 1896 verantwortlich. Doch die Ergebnisse blieben bescheiden. Erst der Weinhändler Shinjiro Toji hatte Erfolg. 1923 entstand in seinem Auftrag mit der Destillerie Yamazaki Japans erste reine Whisky-Produktionsstätte.

Tojis gesamtes Unternehmen ist heute bekannt unter dem Namen Suntory und gehört zu den fünf größten Getränkeherstellern weltweit. Unter anderem übernahm die Gruppe im Jahr 2004 die amerikanische Whiskey-Marke Jim Beam.

Mastaka Taketsuru – die schottische brennkunst kommt nach Japan

Die Voraussetzungen zur Herstellung erstklassigen Whiskys waren damit geschaffen. Allerdings fehlte es noch an Fachwissen. Daher stellte Toji den Manager Mastaka Taketsuru ein. Diese hatte ab 1918 in Schottland Chemie studiert und die Kunst des Whisky-Brennens in den Destillerien Craigellachie, Hazelburn und Lagavulin erlernt.

Zehn Jahre lang prägten die Fertigkeiten Taketsurus die Produkte von Yamazaki. Dann gründete er 1934 nach Differenzen mit Toji seine eigene Brennerei, die später unter dem Namen Nikka zur weltweiten Bedeutung gelangte.

Auch anderorts verfeinerte man die Abläufe, bis sich die japanischen Marken wie Hakushu, Hibiki und Yamazaki (Suntory) sowie Miyagikyo, Nikka und Yochi (Nikka) sich auf Augenhöhe mit denen aus anderen Ländern befanden.

Der Boom in den 1970er-Jahren

Die steigende Nachfrage führte zu einem Whiskyboom in Japan. Infolgedessen entstanden etliche Kleinstbrennereien wie Chichibu, Eigashima oder Fuji-Gotemba. Bis heute stehen diese Namen für Whisky der absoluten Spitzenklasse.

Aktuell prägen sieben große Destillerien den japanischen Whiskymarkt. Daneben existieren einige Marken, die zum Portfolio von Sake- oder Sonchu-Produzenten gehören.

Ausgezeichnet – im wahrsten Sinne des Wortes

2007 wurden der Suntory Hibiki 30 Jahre in der Kategorie weltweit bester Blend und der Nikka Yochi 20 Jahre in der Kategorie weltweit bester Single Malt vom Whisky Magazin zum Sieger ernannt. Die Krönung der japanischen Whiskykunst folgte im Jahr 2014 mit der Auswahl des Yamazaki Sherry Cask 2013 durch den „Papst“ Jim Murray zur Nummer eins in seiner Whisky-Bibel.

2015 gewann der Nikka Taketsuru 17 Jahre bei den World Whisky Awards erneut den Titel des besten Blended Malts. Im Anschluss an die Kürung trafen so viele Bestellungen in Japan ein, dass sich der Whisky-Export des Landes verdoppelte. Die Brennereien waren nicht mehr in der Lage, zu liefern. Das führte sogar dazu, dass es den Mitarbeitern der Destillerien untersagt war, den eigenen Whisky zu erwerben.

Was macht japanischen Whisky aus?

Natürlich schmeckt Japanischer Whisky anders als ihre Vettern aus Schottland, Irland oder anderen Teilen der Welt. Auch wenn die Ursprünge im schottischen Whisky liegen, lassen sich folgende Hauptunterschiede festhalten:

  • Weniger Torfnoten
    Auch japanische Hersteller nutzen Torf als Brennstoff zur Trocknung der Gerste, jedoch in wesentlich geringeren Mengen als ihre schottischen Kollegen.
  • Dünner und mit mehr Aromen
    Die Destillation in einer japanischen Brennerei findet mit geringerem Druck statt. Das liegt in der Tatsache begründet, dass viele Destillerien in Japan in höheren Regionen gebaut wurden. Dadurch sind Siedepunkt und Druck geringer, was zu einer leichteren Textur führt.
  • Vielfalt durch Experimente und Präzision
    Bei japanischen Whiskys findet man fast alle möglichen Sorten und geschmacklichen Ausprägungen. Die Japaner sind bekannt dafür, mit viel Hingabe äußerste Präzision erreichen zu wollen. So nutzen sie unterschiedliche Pot Stills und Hefen und analysieren deren Einfluss auf die Spirituose. Dadurch sind japanische Brennereien auch in der Lage, nicht nur eine Sorte Whisky zu produzieren.
  • Unterschiede beim Wasser
    Beim Wasser, Grundlage jeder Whisky-Herstellung, setzen japanische Firmen auf Standorte in abgelegenen Gebieten. Davon versprechen sie sich die bestmögliche Wasserqualität. Das japanische Grundwasser besitzt einen reineren, subtileren Charakter als das raue Wasser in Schottland. Viele Brennereien haben eine eigene Quelle, die nur für die Produktion verwendet wird.
  • Schnellere Reife
    Die Temperaturen sind in Japan höher. Daher verdunstet der Alkohol während der Lagerung schneller und der Austausch zwischen Whisky und Holz ist intensiver als in Schottland. Dadurch ist ein 15 Jahre alter schottischer Whisky vergleichbar mit einem 12 Jahre alten Japaner.

Japanische Whiskykultur

Wie trinkt der Japaner seinen Whisky? Die meisten tun es wie wir pur. Die Zugabe eines Schusses Wasser ist in Japan jedoch weniger verbreitet als bei uns. Wie der Amerikaner setzt der Japaner häufiger auf die Variante „on the rocks“, also mit Eiswürfeln. Des Weiteren ist es in Japan üblich, Whisky als Basis für Cocktails zu benutzen. Vor allem Japanerinnen trinken gerne einen Jim Collins.

Ein echter japanischer Klassiker ist der Highball. Hierzu gibt man zwei große Eiswürfel, idealerweise aus Mineralwasser, in ein Glas und füllt dieses mit einem Teil Whisky und zwei Teilen Sodawasser auf. Anschließend rührt man die Mischung mit Schwung einmal um – fertig ist der Highball. Das beliebte Getränk gibt es auch in Varianten mit Fruchtsäften und man kann es in Japan bereits fertig oder aus dem Automaten erwerben.